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DER RIESE

Es war einmal ein Riese - er war groß und stark. Die Menschen liefen davon, weil Sie Angst hatten vor seiner Stärke, seiner Kraft und sein starres Gesicht erschreckte sie.

Er aber verstand sie nicht, denn er fühlte sich klein, nichtig, unwichtig und einsam. Eigentlich wollte er nur sein, denn er mochte die Menschen; aber wenn er ihnen begegnete konnte er dies nicht zeigen.

Nur Wut, Hass und Aggression brachte er heraus - angesammelt aus all seinen Erlebnissen und Enttäuschungen der Vergangenheit.

Hinterher war er immer ganz traurig, weil er etwas ganz anderes gesagt und getan hatte, als das was er eigentlich wollte. Er hasste sich dafür und kam sich noch kleiner und noch unwichtiger vor.

Eines Tages begegnete er anderen Riesen - ein jeder mit anderen und auch ähnlichen Problemen wie er. Sie sprachen miteinander und zeigten sich.

Immer mehr konnte er die bösen Erfahrungen der Vergangenheit abschütteln und fühlen und sogar das ausdrücken, was er fühlte. Nämlich die Liebe, Wärme und Zuneigung, die in ihm war.

Sein Gesicht verlor seine Starrheit und sein gebeugter Gang wurde gerade und aufrecht.

Auf einmal liefen die Menschen nicht mehr davon, sondern fragten ihn: "Du lächelst so - wir haben gar keine Angst vor Dir"

Begegnete ihm dennoch mal ein anderer Riese, der böse war, so ärgerte er sich nicht mehr über ihn oder ließ sich von ihm anstecken und wurde auch böse und wütend, so wie sonst früher, sondern er lächelte ihn an und fragte: "Was ist mit dir?" "Geht es dir nicht gut?"

Meist erzählte der andere ihm dann, berührt über seine unerwartete Reaktion, was mit ihm ist und was ihn bedrückte und ihn so böse machte.

Und wie verwunderlich - es hatte selten was mit ihm zu tun, wie er früher immer dachte. Am Ende des Gesprächs lächelte dann auch der andere und beide gingen fröhlich auseinander.

Ihm ging es damit viel besser als früher und er fühlte sich immer mehr wie ein Riese und immer weniger wie ein Zwerg.

All dies, beschloss er, wollte er behalten:

den Mut auszusprechen was er dachte

keine Angst mehr vor Auseinandersetzungen und Konflikten

nicht die Aggressivität, Boshaftigkeit und Lieblosigkeit anderer auf sich zu beziehen

seine Gedanken und Erfahrungen der Vergangenheit loszulassen, die ihn nur missmutig, verletzlich, überempfindlich, hasserfüllt und aggressiv machten

seine Liebe, Zärtlichkeit, Weichheit und Empfindsamkeit zuzulassen und auch zu zeigen, um vielleicht sogar andere damit anzustecken

Denn damit machte er gute Erfahrungen und es ging ihm gut dabei.

Er selber und die anderen liefen nun nicht mehr vor ihm weg. Sie blieben stehen und ließen sich aufeinander ein. Der Riese blieb ein Riese, jagte aber nun niemanden mehr Furcht ein.

"Und das ist gut so" ,dachte er bei sich und ging fröhlich pfeifend seines Weges.

Dieter Svensson - 00.00.92 © beim  Verfasser   -  Abdruck nur mit Genehmigung

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Stand: 11. März 2001